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Meinung

Update zur Wiedereinführung der Meisterpflicht für Fotografen

Kai

Seit meinem ersten Artikel zur Wiedereinführung der Meisterpflicht ist einiges passiert. Sehr gefreut habe ich mich über den regen und ausführlichen Austausch in den Kommentaren unter dem Artikel. Der Bundestag hatte in der letzten Besprechung das Thema an den Wirtschaftsausschuss überwiesen. Dort wurden dann alle Berufsverbände und einige Gutachter angehört, wie sie zur Wiedereinführung stehen.

Centralverband gegen die Fotografen?

Dass sich der Centralverband Deutscher Berufsfotografen, der die Handwerksmeister vertritt, natürlich für eine Wiedereinführung aussprach dürfte klar sein. Bemerkenswert finde ich dabei aber, dass der Verband laut eigenen Angaben mit 5300 Mitgliedern gerade einmal 18% der Fotografen-Betriebe vertritt. Da bleibt die Frage, warum sich die Mehrheit der Fotografen nicht gegen die Wiedereinführung organisiert?

Äußerst fragwürdig sind auch einige Argumente in der schriftlichen Stellungnahme des Centralverbands. Hier wird zum Thema Ausbildung behauptet, dass die Meisterpflicht einen »sehr großen Einfluss auf die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen« habe. Gemeint ist natürlich ein positiver.
Wenn man sich aber die Fakten anschaut, ergibt sich ein ganz anderes Bild. So ging der Lehrlingsbestand von 1998 bis 2004, also vor Abschaffung der Meisterpflicht, nach eigenen Angaben um 25,46% zurück, die bestandenen Gesellenprüfungen um 12,63% und die bestandenen Meisterprüfungen sogar um 57,14%. Hier könnte man also sogar von einem negativen Effekt der Meisterpflicht auf die Ausbildungsleistung sprechen. Die Zahlen gibt es im Formblatt des Wirtschaftsministeriums

Im Protokoll der Sitzung (Seite 10) ist als herausragendes Gefahrenpotenzial der Umgang mit Chemikalien bei der analogen Fotografie genannt. Ja, die analoge Fotografie erlebt eine Renaissance. Die ist aber für den Alltag der meisten Fotografen völlig unbedeutend. Schreibt der Verband auch selbst noch einmal in seiner Stellungnahme. Nämlich bei Punkt 23 h). Dort heißt es »Die Umwelt ist nach der Einführung der Digitalfotografie nicht mehr belastet. Chemikalien und Filmzersetzungen fallen nicht mehr an.«

Experten gegen Meisterpflicht

Viele Experten, die nicht einer Interessenvertretung angehören, haben sich gegen die Wiedereinführung ausgesprochen. Darunter zum Beispiel Dr. Klaus Holthoff-Frank von der Monopolkommission oder auch der Sachverständigenrat, der die Bundesregierung in ökonomischen Fragen berät. Letzterer schreibt zum Beispiel im Jahresbericht 18/19 auf Seite 74 (Randnummer 160) explizit und fett hervorgehoben: »Eine Rückkehr zur Meisterpflicht, wie derzeit diskutiert, geht in die falsche Richtung

Also wieder einmal ein Beispiel für die kleinteilige, rückständige, oberflächliche und beratungsresistente Klientelpolitik der Bundesregierung. Kritisch sehe ich auch die mangelnde Transparenz. Man wird ein wenig an den Anfang von »Per Anhalter durch die Galaxis« erinnert, wo die Baupläne der galaktischen Hyperraum-Expressroute jahrelang im Vogonen-Ministerium zur Einsicht auslagen. Auf meine Anfrage an die Abgeordnete meines Wahlkreises, die zufälligerweise von der CDU mit der Ausarbeitung beauftragt ist, wurde jedenfalls zum wiederholten Male nicht geantwortet. Über #NiewiederCDU sollte diese Regierung sich auf jeden Fall nicht wundern.

Update 07.08.19: Übergabe der Profifoto-Petition

Gestern haben das Magazin Profifoto und die Fotografen-Verbände BFF und Freelens die über 8000 Unterschriften der Petition an den für das Handwerk zuständigen Ministerialrat Joachim Garrecht im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie übergeben. Parallel wurde die Liste auch beim Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht. Damit haben sie der Aussage des Centralverband Deutscher Berufsfotografen eine wichtiges Signal entgegengesetzt.
Laut Aussage des Ministerialrats soll sich nach der Sommerpause Anfang September klären, wie mit der Meisterpflicht verfahren werden soll.

Quelle: www.profifoto.de

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4 Kommentare

  1. Matthias Mak sagt

    Hallo Kai,

    Auf meiner Suche nach geeigneten Tutorien für Lightroom bin ich auf YouTube auf Deinen Kanal aufmerksam geworden. Einfach klasse, wie Du Wissen vermittelst, dass es auch jemand versteht, der normalerweise nach der dritten Information hintereinander auf Standby geht.

    Ich glaube, noch nicht aufgeben zu müssen…

    Herzliche Grüße,
    Matthias

  2. Ingo Guhl sagt

    Hallo Kai,
    bin durch Deinen Jahresrückblick auf Dein Thema gestoßen.
    Weil Du ja ausdrücklich um Meinungen und Feedback bittest, nutze ich die Ruhe zwischen den Tagen und schreibe etwas.

    Unabhängig vom der besonderen Situation im Fotografenbereich bin ich eher für die Meisterpflicht im Handwerk.
    Ich habe einige Jahre Meisterschüler im Elektrobereich als Dozent unterrichtet und dabei erfahren, dass sich die Meisterausbildung ja nicht nur auf fachliche Aspekte sondern auf den gesamten Bereich einer “meisterlichen” Betriebs- und Unternehmensführung erstreckt. Junge Menschen auszubilden ist in den Zeiten des Fachkräftemamgels wichtig und dazu ist eine vernünftige Ausbildung zum Ausbilder sicher sinnvoll. Seriös kalkulierte Angebote erstellen zu können, dient auch der Qualitätssicherung für die Kunden. Nach anerkannten Regeln zu arbeiten, setzt voraus, dass man sie kennt. Diese Anforderungen erfüllt das Handwerk. Sicher sind die Innungen und Handwerkskammern manchmal etwas konservativ und verstaubt, aber der Anspruch an gute und fachgerechte Arbeit und an den Fortbestand durch Nachwuchsförderung steht im Handwerk an wichtiger Stelle. Deshalb sollte man diese Stärke erhalten und fördern und den Meistertitel verpflichtend für den gewerblichen Handwerksbetrieb machen.
    Sicherlich sollte man die Ausbildungsinhalte dabei flexibler an die Anforderungen der verschiedenen Innungen anpassen und wenn es im Fotografenbereich Dinge gibt, die keine Relevanz haben, sollte der Lehr- und Prüfungsplan gestrafft und angepasst werden. Aber eine völlige Freigabe finde ich nicht gut. Die Kunden haben eine größere Gewissheit, dass Ihr Auftrag in allen Belangen gut und zuverlässig erfüllt wird (aber natürlich keine Garantie). Gute Fotos sind ja nicht alles, sondern Vertragsgestaltung, Vertragstreue usw. sind auch wichtig. Und davor, dass der Fotograf, der schöne Bilder auf seiner Webseite zeigt, nicht nur ein Knipser ist, der fremde Fotos präsentiert, schützt ein Meisterbrief mehr als nur ein Gewerbeschein. Und gute und motivierte Fotografen können doch einfach den Meister machen. So groß sind Aufwand und Kosten nicht und der erfolgreiche Abschluss dokumentiert eine Ernsthaftigkeit, mit der man sich von Gelegenheitsfotografen absetzt.

    Deshalb würde ich die Meisterpflicht eher befürworten.

    Viele Grüße

    • Hallo Ingo,

      vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar!
      Das Thema ist ja mittlerweile erledigt. Die Bundesregierung hat zum 01.01.20 beschlossen die Meisterpflicht für 12 Berufe wieder einzuführen. Die Fotografen sind nicht dabei. (Quelle)

      Deinen Punkt zur Qualitätssicherung kann ich gut nachvollziehen. Wie ich in meinem ersten Artikel aber schon schrieb, schützt auch ein Meisterbrief nicht oder nur geringfügig vor Pfusch und Betrug. In gesundheits- oder sicherheitsrelevanten Berufen halte ich wie gesagt eine staatliche Beschränkung durchaus für sinnvoll. In einem künstlerischen Beruf allerdings nicht.
      Daher sind noch folgende Fragen zu klären:
      – Ist Fotografie überhaupt Handwerk? Wenn ja, warum sind zum Beispiel Kameramänner beim Film, Mediengestalter oder Web-Designer keine Handwerker?
      – Können die Inhalte für die Unternehmensführung nicht auch in der Gesellenausbildung (freiwillig) untergebracht werden?

      Wenn man ein wenig rauszoomt, bemerkt man, dass wir uns mitten in einem Generationenkonflikt befinden, zwischen den Bewahrern und den Gestaltern. Dieser wird durch Digitalisierung und das Internet noch beschleunigt. Laut Dirk von Gehlen ist das einer der zentralen Konflikt des kommenden Jahrzehnts und zeigt sich aktuell zum Beispiel auch in der Klima-Debatte oder der Auseinandersetzung um Artikel 13. In seinem Artikel sind besonders die Punkte 2 bis 5 relevant.
      
In diesem Sinne: Ein spannendes neues Jahrzehnt für dich und deine Familie! 🙂

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