Kameras

Polaroid OneStep Plus – Testbericht

Kai

Die Marke Polaroid hat in den letzten Jahren viel Tumult durchlebt. Von der Einstellung der Film-Produktion über zwei Insolvenzverfahren, Lady Gaga als Art-Director und zuletzt den Kauf durch einen der Investoren hinter „The Impossible Project“. Letztere hatten nach der Einstellung der Filmproduktion eine Fabrik in den Niederlanden von Polaroid übernommen und unter Mithilfe von Ilford neue Sofortbildfilme auf den Markt gebracht. Nun läuft aber das Sofortbildsegment wieder unter der alten Marke Polaroid.

Polaroid-Kamera für das Smartphone-Zeitalter

Für den heutigen Kurztest habe ich mir die Polaroid OneStep+ meines Freundes Nils ausgeliehen. Die kann mit dem gleichen Polaroid 600-Film bestückt werden, wie meine alten Polaroid-Kameras. Alternativ geht auch der i-Type-Film. Dazu später mehr.

Aber was unterscheidet sie dann von den alten Kameras? Die OneStep+ ist ebenfalls eine rein analoge Sofortbildkamera. Das heißt das Bild wird immer noch wie immer analog belichtet. Allerdings mit digitaler Steuerung. Du kannst sie per Bluetooth mit dem Smartphone verbinden. Zusammen mit der dazugehörigen App lässt sich der Funktionsumfang deutlich erweitern. So bekommt man neben Fern- und Zeitauslöser auch die Möglichkeit zur Doppelbelichtung. Im manuellen Modus gibt es dann noch Zugriff auf Belichtungszeit und Blende. Das ist mit den alten, einfacheren Kameras nicht möglich. Auch ein Belichtungsmesser ist über App integriert.

Der Manuelle Modus in der Polaroid App

Im Portrait-Modus leitet die App dich mit einfachen Hinweisen zu Fotos, die auch ein wenig Hintergrundunschärfe ermöglichen.

In der Kamera ist ein Entfernungsmesser eingebaut, der dich mit der App zum richtigen Abstand zum Model führt. So etwas sollte es auch mal bei Einsteiger-Digitalkameras geben. Interaktive Tutorials gewissermaßen. Tolle Idee!

Das schöne an der OneStep+ ist, dass sie erstmal eine ganz normale Sofortbildkamera ist. Inklusive der klassisch sehr einfachen Bedienung. Das finde ich insbesondere für die Zukunftsfähigkeit wichtig. Falls Bluetooth in den nächsten Jahren von einem neuen Standard abgelöst wird, ist die Kamera trotzdem noch nutzbar.

Wer aber mehr als die in die Hardware integrierten Möglichkeiten braucht, kann einfach die App dazu nehmen. Einziger Nachteil: Mit Smartphone in der einen und Polaroid in der anderen ist das Fotografieren gar nicht so einfach. Das gilt insbesondere für die Doppelbelichtungsfunktion.

Die Polaroid-App ist wie gewohnt für Android und iOS kostenlos erhältlich.

Doppelbelichtung mit der Polaroid OneStep Plus

Ausstattung

Die Onestep Plus orientiert sich beim Design mit ihren Regenbogenstreifen ganz klar an der klassischen Polaroid OneStep aus den 70er-Jahren. Auch wenn alles ein wenig moderner wirkt. Mir gefällt das gut. Direkt am Body lassen sich der Blitz ein- und ausschalten, der Fokus auf Nah oder Fern stellen und die Belichtung in drei Stufen anpassen. Zwischen Blitz und Objektiv befindet sich der +-Button. Mit dem wird die Bluetooth-Funktion eingeschaltet.

Zwischen Blitz und Objektiv befindet sich der Plus-Button mit dem Bluetooth aktiviert wird.

Auf der Oberseite gibt es dann noch ein Rechteck aus acht LEDs, die den „Ladebalken“ der Filmkassette anzeigen. Das mochte ich schon an der Fuji Instax SQ6 (Testbericht) sehr! Diese Art von Anzeige ist eindeutiger als bei den klassischen Polaroid-Kameras, bei denen in einem kleinen Fenster immer eine Zahl angezeigt wird. Dort weiß man nie, ob man jetzt schon sechs Bilder gemacht hat, oder ob noch sechs Bilder gemacht werden können.

Daneben befindet sich der Objektiv-Schalter, mit dem zwischen der Portraitlinse (30-90cm Entfernung vom Motiv) und der Normallinse (ab 90cm Abstand) gewechselt werden kann.

Fokus-Schalter und Füllstand-Anzeige mit acht LEDs

An der Rückseite befindet sich der rote On-/Off-Schalter, der Schalter zum aus- und einschalten des Blitzes und der Micro-USB-Port zum Laden des Akkus. Letzterer soll laut Polaroid für ca 15-12 Filme á 8 Fotos reichen. Das ist in jedem Fall deutlich umweltfreundlicher als die Wegwerf-Batterien, die traditionell bei Polaroid in der 600er Filmkassette eingebaut sind. So kann man in der OneStep Plus auch den i-Type-Film mit der gelben Verpackung nutzen. Der enthält keine Batterie und ist dazu noch etwas günstiger.

Fotografieren mit der Polaroid OneStep+

Wer bei einer Sofortbildkamera wie der OneStep+ nach technisch perfekten Fotos sucht, ist definitiv auf dem falschen Dampfer. Es geht um Charme und Retro-Look – also um die Fehler im Bild. Mal ist es die dreckige Walze der Kamera, die ein paar Schlieren hinterlässt, mal die Halos um die Glanzlichter, wo sich die Sonne im Wasser spiegelt.

Die Alexander von Humboldt an der Bremer Schlachte fotografiert auf Polaroid 600-Film

Das Polaroid-Filmmaterial (Rahmen: 88mm x 108mm, Bild: 77mm x 79mm) bietet in jedem Fall viel Charme. Meist gibt es einen leichten Rotstich. Und den Helligkeitsregler kann man eigentlich dauerhaft auf + stehen lassen, sonst werden die Bilder einfach zu dunkel. Besonders gut passt der Look zu sommerlichen, sonnengetränkten Bildern, finde ich.

Die Objektive sind für meinen Geschmack ausreichend scharf, eine höhere Auflösung würde bei dem Filmmaterial nicht viel bringen. Mechanisch ist auch alles tiptop. Das Kunststoff-Gehäuse wirkt stabil und hochwertig, die Schalter und Buttons ebenso.

Der Sucher hingegen ist auch mit einiger Erfahrung von ähnlichen Kameras immer noch gewöhnungsbedürftig für mich. Man sieht eben nicht wie bei fast allen Digitalkameras den endgültigen Bildausschnitt im Sucher. Auch nicht bei großem Abstand. Das Bremer Rathaus hatte ich zum Beispiel mittig im Bild platziert. Der Effekt nimmt natürlich mit zunehmender Distanz ab. Beim Rathaus stand ich allerdings mindestens 20–30 Meter entfernt, sodass ich mich sehr gewundert habe, dass es im Bild so weit nach rechts gerückt ist.

Das Bremer Rathaus, das mittig im Sucher platziert war

Die dazugehörige und hervorragend gestaltete App hat mir sehr gut gefallen. Besonders, wie oben schon beschrieben, die Anleitungen, die Sofortbild-Anfänger gut in die Kamera einführen können. Zusätzlich zu den erweiterten Funktionen der Kamera gibt es in der App auch noch einen Scanner mit dem die fertigen Polaroids sofort Instagram-ready abfotografiert werden können. Auch hier wieder mit hilfreichen Hinweise gespickt. Ganz großes Kino!

Der eingebaute Blitz ist naturgemäß nicht besonders kräftig, reicht aber für viele Situationen aus. Falls du mal mehr Power brauchst, kannst du über einen kleinen Umweg auch System- oder Studioblitze benutzen. In meinem Tutorial kannst du lernen, wie man mit Sofortbildkameras entfesselt blitzen kann.

Den Kaktus habe ich mit dem eingebauten Blitz angeleuchtet um die Schatten etwas aufzuhellen.

Alternativen zur Polaroid One Step+

Die härteste Konkurrenz kommt aus dem eigenen Hause: Alte Polaroid-Kameras. Besonders von den 600er Modellen aus den 80er und 90er Jahren gibt es auf dem Gebrauchtmarkt für kleines Geld eine riesige Auswahl. Ich hab meine beiden Kameras auf dem Flohmarkt für € 4 und €10 gekauft. Dafür braucht man dann den blauen 600er Film von Polaroid. Der ist etwas teurer und enthält leider immer eine Wegwerf-Batterie für den Blitz. An der Stelle ist die OneStep Plus mit ihrem Akku ganz klar umweltfreundlicher.

Die andere Konkurrenz kommt von Fuji mit ihren Instax-Kameras. Und von denen am ehesten die SQ6 (Testbericht) oder die Wide*. Die kann auch Doppelbelichtungen und bietet ihre Funktionen ohne App mit einem einfachen Menü. Ein manueller Modus fehlt ihr allerdings und die Bilder sind deutlich kleiner. Auch der Look ist weniger vintage. Vielleicht gefällt dir das aber ja noch besser.

Eine direkte Alternative, also eine Sofortbildkamera mit digitaler Steuerung, ist mir bisher nicht bekannt.

Fazit

Die Bluetooth-Funktionen der Polaroid OneStep Plus sind alles andere als Spielerei. Anfänger werden mit der App super in die Kamera eingeführt. Das sollten sich alle großen Kamerahersteller mal angucken. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass mehr Funktionen direkt mit einem Button abrufbar sind. Zum Beispiel die Doppelbelichtung. Das hat Fuji bei der SQ6 mit dem sehr einfachen Menü besser gelöst.

Zusammengefasst ist die Polaroid OneStep Plus aber eine tolle Sofortbildkamera mit guter Bildqualität und bekommt von mir eine klare Kaufempfehlung, wenn du dich für mehr Möglichkeiten in der Sofortbildfotografie interessierst.

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