Nachdem ich im letzten Post die Features der Fuji GFX 50S vorgestellt habe, geht es heute um meine Eindrücke dieser spiegellosen Mittelformatkamera. So viel schon mal vorweg: Sie ist leider (noch) nicht die Kamera, die ich mir erhofft hatte. Aber bevor es weitergeht noch einmal ein fettes Danke an Marco von Probis (früher Bremer Fotokontor), der mir die Kamera für den Test zur Verfügung gestellt hat.
Fuji überspringt das Vollformat
Fuji hat mit dem Überspringen des Kleinbildformats einen sinnvollen Weg für die Etablierung eines Profi-Systems mit hoher Auflösung gewählt. Im APSC-Bereich sind sie mit der XT-2, der X-Pro2 und der X-T20 gut aufgestellt. Für alle, die ein handliches und leichtes System mit einer Bildqualität wollen, die fast an Vollformat-DSLRs heranreicht, gibt es hier genügend Auswahl. Es fehlte im Produktportfolio aber noch eine Kamera, die die Bedürfnisse von Werbe-, Fashion- und Landschaftsfotografen nach hoher Auflösung, höchster Bildqualität und einem größeren Dynamikumfang als Basis für bestmögliche Nachbearbeitung erfüllt. Da kommt die GFX 50S ins Spiel.
Der Sensor
Die Bildqualität, die dieser Sensor ausgibt ist schlicht und einfach fantastisch. Die Fuji bietet einen Dynamikumfang von 14 Blendenstufen, was ungefähr vergleichbar ist mit aktuellen Top-Vollformatkameras (Nikon D810, Pentax K1, Sony A7).
Was ist Dynamikumfang? Das ist der Abstand zwischen dem hellsten und dem dunkelsten Punkt, den ein Kamerasensor darstellen kann. Der Dynamikumfang der Natur, bzw. der Szene, die man fotografieren möchte, kann durchaus größer sein, als der Sensor darstellen kann. Dann sollte man bei digitalen Fotos unterbelichten, weil überbelichtete Teile im Bild in der Nachbearbeitung nicht wiederhergestellt werden können.
Der größte Dynamikumfang findet sich an einem sonnigen Tag zur Mittagszeit. In genau diesem Setting habe ich Fotos von Kühen gemacht. Dabei konnte ich wunderbar unterbelichten, um den Himmel komplett draufzubekommen und habe dann in Lightroom den Tiefenregler fast komplett hochgezogen und die Bilder sehen einfach super aus. Keinerlei Farbrauschen, keine störenden Artefakte, einfach nur ein tolles Bild mit atemberaubenden Details in den Schattentönen.
Die Schärfe, die die hohe Auflösung bietet – 8256 x 6192px, eine Datei hat ca 120 MB – ist auch für Portraits sehr gut geeignet. So kann man bei diesem Portrait meines Freundes Egon jede Pore und jedes Barthaar einwandfrei erkennen. Es macht einfach großen Spaß diese Dateien zu bearbeiten.
Die Pixeldichte auf dem Sensor der GFX 50S ist ungefähr vergleichbar mit der der EOS 5D Mk IV. Beide bieten ca 188px pro Millimeter in der Breite. Der Sensor der Fuji nutzt mit dem 4:3-Format allerdings eine größere Fläche des Bildkreises aus als die Canon mit ihrem 2:3-Format. Außerdem sind die einzelnen Pixel bei vergleichbarer Auflösung wie zum Beispiel bei der EOS 5DSR durch den größeren Sensor natürlich größer. Das führt zu weniger Rauschen, da mehr Licht auf den Sensor fallen kann.
Autofokus
Die Fuji hat im Gegensatz zu aktuellen Spiegelreflex-Kameras keinen sogenannten Phasenautofokus, sondern muss sich allein auf das Kontrastautofokus-System auf dem Sensor beschränken. Dadurch hat man Autofokuspunkte, die über den ganzen Sensor verteilt sind und sich nicht auf die Bildmitte konzentrieren. Der Autofokus überzeugt mich aber weder in Geschwindigkeit, noch in Genauigkeit. Ich hab allerdings nur den Vergleich zu meiner 5D Mk IV. Die ist in dem Bereich wirklich gut.
Bei der Fuji gefiel mir aber der Eye-Tracking-Modus ganz gut, bei dem man auswählen kann, auf welches Auge scharfgestellt werden soll. Wenn er funktioniert, sitzt der Fokus gut, allerdings funktioniert er nicht immer. Am Ende war ich davon so genervt, dass ich wieder auf den klassischen Modus mit Punkten umgestiegen bin. Wenn die Models, die ich fotografiert habe, den Kopf bewegten konnte der Fokus einfach nicht schnell genug folgen. Das liegt vielleicht an dem großen Sensor und in anderen Anwendungen, zum Beispiel im Studio, ist das vielleicht nicht weiter wild. Aber in den Paarshootings, die ich damit gemacht habe, empfand ich die Autofokusgeschwindigkeit als störend langsam. Da gibt es einfach viele Situationen, in denen die Paare miteinander agieren, wo der Autofokus nicht mithalten konnte. Ich fühlte mich einfach nicht als Herr der Lage damit. Damit disqualifiziert sich die Fuji für mich auch als Reportagekamera. Zugegeben, dafür ist sie nicht gebaut, dennoch hatte ich gehofft mal eine Hochzeit damit zu fotografieren. Damit könnte man auf jeden Fall einen einzigartigen Look erzeugen. Das ist für mich aber nun leider vom Tisch.
Der einzige Vorteil, den der Autofokus gegenüber meiner 5D Mk IV hat, ist die Verteilung der Autofokuspunkte über den ganzen Sensor. So kann man sein Subjekt auch am äußersten Bildrand positionieren und muss nicht fokussieren und dann das Bild neu komponieren.
Digitaler Sucher
Ein weiterer Punkt, der mich an der Kamera stört, ist der digitale Sucher. In der Bewegung ist er zwar schnell genug und auch das Bild ist ausreichend groß. Allerdings gibt es nach jeder Auslösung eine kurze Gedenksekunde der Kamera, in der man nur Schwarz sieht. Die ist deutlich länger als die Verschlusszeit, während der bei einer DSLR der Sucher dunkel bleibt. Da muss Fuji dringend nachbessern. Das kann auch mit der Schreibgeschwindigkeit meiner Speicherkarten zu tun gehabt haben, aber eigentlich müsste das Bild schnell genug vom Sensor in den Buffer wandern und das Sucherbild davon nicht beeinträchtigt werden. Fuji stellt allerdings regelmäßig Verbesserungen und neue Features mit neuen Firmware-Versionen bereit, ich vermute, dass da noch ein paar Updates kommen.
Ein elektronischer Sucher verbraucht naturgemäß mehr Strom als ein optischer. Ich hatte für den Test nur einen Akku zur Verfügung, deshalb hab ich die Rückschauzeit auf 0s gestellt und den Standby-Modus auf die kürzeste mögliche Zeit. Ich glaube das war 1 Minute. So konnte ich in 2 Stunden ca 150 Fotos machen. Danach war der Akku ungefähr halb leer. Die von Fuji angegebene Akkulaufzeit von ca 300 Fotos ist also recht realistisch.
Für mich persönlich ist das aber noch zu wenig. Wenn ich auf einer Hochzeit fotografiere, möchte ich mich lieber auf das Fotografieren konzentrieren. Deshalb hat die DSLR bei mir noch die Nase vorn. Da hält der Akku fast 1000 Fotos, das reicht meist von den Vorbereitungen am Morgen/Vormittag bis zum Essen am Abend, wo wir immer unsere kurze Verschnaufpause haben.
Cool für alle Nutzer analoger Mittelformatkameras ist das Klappdisplay auf der Rückseite. So kann man nämlich wie mit einem Schachtsucher fotografieren. Und das nicht nur im Querformat, sondern auch im Hochformat. Das Klappdisplay ist mega stabil, in meinem ersten Video hält Marco die Kamera sogar daran fest.
Zusätzlich zum Klappdisplay kann man auch noch einen Klappsucher erwerben, der das Fotografieren mit dem Blick nach unten noch weiter vereinfacht. Der mitgelieferte Sucher lässt sich nämlich auch abbauen.
Bedienung
Großartig finde ich das E-Ink-Display auf der Oberseite zur Anzeige der Verschlusszeit, der Blende und so weiter. Das lässt sich komplett personalisieren. Bei Mittelformatkameras ist das inzwischen Standard, bei DSLRs warte ich da immer noch drauf. Da könnten sich Nikon und Canon echt mal eine Scheibe abschneiden!
Ansonsten liegt da Kamera gut in der Hand, auch in meinen Riesenhänden. Das Gewicht mit dem 63mm fühlt sich ungefähr so an wie eine DSLR mit einer Festbrennweite. Alle Knöpfe und der Joystick für die Autofokuspunkte lassen sich gut erreichen. Nur das Feststellsystem für die Modus- und Zeitwahlräder finde ich gewöhnungsbedürftig. Mit einem Druck auf den Knopf in der Mitte werden die ver- oder entriegelt. Bei Canon muss man den Knopf dauerhaft gedrückt halten. Ist aber eigentlich kohärent mit der Personalisierungs-Philosophie von Fuji, so kann man nämlich wählen, ob das Rad gesperrt sein soll, oder nicht.
Resümee
Die Fuji ist für meinen Zweck und meine Art zu fotografieren leider zu langsam. In dem für sie vorgesehenen Umfeld – Landschafts, Mode oder Werbefotografie – ist sie aber meines Erachtens eine Bank: Top Bildqualität, krasser Dynamikumfang und viele sinnvolle Features, wie doppelte Kartenslots, Akku-Entnahme von der Seite und das tolle und robuste Klappdisplay.