Du hast den Begriff „Dynamikumfang“ sicher schon mal gehört, oder? Die Hersteller nutzen ihn gerne um ihre Kameras zu bewerben. Auf den schicken Werbegrafiken steht dann sowas wie „14 Blendenstufen Dynamikumfang“. Aber was bedeutet das denn?
Was ist eigentlich dieser Dynamikumfang?
Ganz einfach, der Dynamikumfang ist das Spektrum zwischen dem hellsten und dem dunkelsten Punkt, welches deine Kamera in einem einzigen Bild einfangen kann. Ein größerer Dynamikumfang bedeutet, dass du mehr Details in den dunkelsten Bereichen deines Bildes einfangen kannst. Warum nur in den dunkelsten? Das liegt daran, dass der Sensor deiner Kamera bei den hellsten Punkten im Bild einen harten Cut macht. Der Sensor hat also eine maximale Helligkeit. Neuere Sensoren verbessern sich in den Schatten, können dort mehr Licht einfangen und vergrößern so insgesamt den Dynamikumfang. Klingt erstmal ziemlich gut, oder?
Dynamikumfang verstehen: Blendenstufen
Um den Dynamikumfang zu verstehen, stell dir ein Szene, die du fotografieren möchtest als eine Reihe von Lichtstufen vor. Ich habe das im Bild oben mal vereinfacht mit 20 Stufen zwischen schwarz und weiß dargestellt. Jede Stufe repräsentiert eine bestimmte Menge an Licht, und die Gesamtzahl der 20 Stufen von strahlendem Weiß bis zum tiefsten Schwarz definiert den Dynamikumfang der Szene.
Die besten Profi-Foto-Kameras schaffen laut DXOMark derzeit einen Dynamikumfang von 14.8 Blendenstufen. Im mittleren Preissegment, mit einem kleineren APS-Sensor, schaffen die Kameras meist ungefähr 12-14 Blendenstufen. So groß sind die Unterschiede also nicht mehr. Übrigens: Eine Blendenstufe mehr bedeutet immer doppelt so viel Licht.
Unsere Szene mit 20 Blendenstufen können aber alle Kameras nicht in einem Bild einfangen. Was kannst du also machen um diese Szene möglichst gut in einem Bild abzubilden? Es gibt dafür grob drei Möglichkeiten:
- Du passt ISO, Blende oder Belichtungszeit so an, dass du etwas unterbelichtest
- Du passt die Werte so an, dass ungefähr eine mittlere Belichtung dabei rauskommt
- Du belichtest etwas zu hell

Aber welche Belichtung ist die richtige?
Das hängt immer zuallererst vom Motiv ab! Willst du die Silhouette einer Person vor einem schönen Himmel fotografieren ist es ratsam etwas dunkler zu fotografieren. Dann ist der helle Himmel korrekt belichtet. Bei einer modernen Kamera mit hohem Dynamikumfang kannst du dann später in der Nachbearbeitung die dunklen Stellen noch etwas aufhellen.
Ist der Himmel nur ganz klein oder gar nicht im Bild, und du möchtest etwas im Schatten fotografieren, ist es sinnvoller heller zu belichten. So sind die dunklen Stellen gut zu sehen und ein ausgebrannter Himmel ist nicht so relevant.
In allen anderen Fällen musst du einen Kompromiss zwischen den beiden Extremen finden oder auf verschiedene Hilfsmittel und Techniken zurückgreifen um den Dynamikumfang soweit zu reduzieren, dass die Kamera alles gut aufnehmen kann. Und das am besten während der Aufnahme, sodass du mehr Spielraum in der Nachbearbeitung hast.
Tipps zur Reduktion des Dynamikumfangs einer Szene
Wenn der Dynamikumfang einer Szene zu groß für deine Kamera ist, und du den Kontrast etwas reduzieren möchtest, gibt es einige Lösungen dafür:
1. Ort und Perspektive ändern
Wenn du draußen fotografierst ist die einfachste Möglichkeit den Kontrast und damit den Dynamikumfang zu reduzieren den Ort zu wechseln. Such dir ein schattiges Plätzchen, z.B. unter einem Baum oder an einer Hauswand. Auch indoor ist der Unterschied zwischen Schatten und Highlights nicht so groß, solange die Sonne nicht in den Raum scheint.
Alternativ kannst du auch den Blick ändern. Achte darauf die Sonne oder ihre Reflektionen (z.B. auf Wasser oder in Scheiben) aus dem Bild zu halten, wenn der Dynamikumfang für deine Kamera zu groß ist.

2. Andere Tageszeit abwarten
Wenn du die Möglichkeit hast die Zeit deines Shoots frei zu planen, dann nimm nicht die Mittagszeit an einem sonnigen Tag. Mittags steht die Sonne am höchsten und strahlt am stärksten, sodass der Dynamikumfang am höchsten ist. Nicht umsonst gibt es das alte Foto-Sprichwort »Zwischen 11 und 3 hat Fotograf:in frei!«. Wenn du also Bilder mit einem geringeren Kontrast machen möchtest, fotografiere am besten in den frühen Morgen oder späten Abendstunden, vorzugsweise in der goldenen oder blauen Stunde.

3. Mit einem Reflektor aufhellen
Wie nützlich ein 5-in-1-Falt-Reflektor ist habe ich im Artikel 14 Arten einen Faltreflektor zu nutzen schon genauer beschrieben. Nimm davon die weiße oder die silberne Seite und halte den Reflektor so, dass etwas Licht von der Quelle (z.B. von der Sonne) auf das Motiv zurückgeworfen wird. Das funktioniert bei kleineren Szenen wie Portraits oder Produktfotos naturgemäß besser als etwa bei weitwinkligen Landschaftsbildern.

4. Mit einem Diffusor abschatten
Das Innenteil eines 5-in-1-Reflektors ist ein sogenannter Diffusor. Wenn du den zwischen die Lichtquelle und das Motiv hältst, wird das Licht zerstreut und es entstehen »weiche Schatten«. Außerdem werden so die hellsten Stellen im Bild, die sogenannten Spitzlichter oder Highlights auf dem Motiv, etwas abgedunkelt. Bei dem Bild oben kann man das ganz gut in den Haaren erkennen: Im linken Bild sind die Spitzlichter in den Haaren auf der rechten Seite viel heller, im rechten Bild durch den Diffusor deutlich abgemildert
5. Mit Blitzen aufhellen
Natürlich gibt es auch eine technische Lösung für das Problem. Mit Blitzen kannst du mehr Licht ins Bild bringen, vorzugsweise dort, wo es zu dunkel ist. Sprich: Die Schatten aufhellen – als sogenannter Aufhellblitz. Gut geeignet sind dabei besonders größere Lichtformer für weiches Licht, weil so zwar die Schatten aufgehellt werden, aber die Original-Schatten der Hauptlichtquelle größtenteils erhalten bleiben.
Welchen Blitz du dafür benutzt ist komplett dir überlassen. Wenn du gegen die strahlende Sonne anblitzen möchtest brauchst du allerdings einiges an Power, also einen Studioblitz mit Akku. Um die Schatten etwas aufzuhellen kann aber auch ein Aufsteckblitz schon ausreichen.

Fix it in post: HDR-Fotografie hilft!
Manchmal reichen alle oben genannten Techniken nicht aus oder können aus praktischen Gründen nicht angewendet werden. So habe ich vor kurzem Architekturfotos einer Kirche gemacht. Bei den Innenaufnahmen sollten alle Bleiglasfenster sichtbar bleiben. Als ich aber die Kamera so eingestellt habe, dass der Raum gut belichtet war, sind die Fenster ausgebrannt. Es war also nur noch weiß zu sehen.
Um die Fenster gut zu belichten musste ich so sehr unterbelichten, dass der Raum viel zu dunkel war. In der Bildbearbeitung hätte ich zwar den Raum wieder heller machen können, dann wäre das Bild aber so verrauscht gewesen, dass ich es dem Kunden nicht guten Gewissens abgeben könnte.

Definition HDR-Foto – Was ist das?
Also musste ich HDR-Bilder machen. HDR heiĂźt „High Dynamic Range“ und ist genau fĂĽr solche Situationen gedacht. FĂĽr ein HDR-Foto macht man mehrere Fotos eines Motivs vom Stativ mit verschiedenen Belichtungen, sodass der gesamte Dynamikumfang des Motivs abgedeckt wird. Das wird auch „Bracketing“ genannt und die allermeisten Kameras beherrschen das. In der Nachbearbeitung werden die Fotos dann zu einem Bild zusammengerechnet. Viele Smartphones erstellen inzwischen schon automatisch HDR-Fotos aus mehreren Bildern, wenn der Dynamikumfang der Szene zu groĂź fĂĽr den Sensor ist.

Die Kameras mit dem besten Dynamikumfang
Zum Schluss habe ich dir noch beispielhaft den Dynamikumfang einiger Kameramodelle herausgesucht. Die Daten kommen von DXOMark. Bitte beachte, dass neuere Fujifilm-Kameras nicht in der Liste aufgefĂĽhrt sind. Das liegt an der anderen Anordnung der Pixel, dem sogenannten X-Trans-Design, das Fujifilm bei den X-Kameras nutzt.
Top 5 Kameras mit dem höchsten Dynamikumfang
- Hasselblad X1D-50c – 14.8 Blendenstufen Dynamikumfang
- Nikon D850 – 14.8 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
- Leica M11 – 14.8 Blendenstufen Dynamikumfang
- Sony A7R V – 14.8 Blendenstufen Dynamikumfang
- Canon R8 – 14.7 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
Bis 2000€: Top 5 Kameras mit dem besten Dynamikumfang
- Canon R8 – 14.7 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
- Sony A7 III – 14.7 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
- Panasonic Lumix DCS5 – 14.5 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
- Nikon Z6II – 14.4 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
- Sony A6600 – 13.4 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
Bis 1000€: Top 5 Kameras mit dem besten Dynamikumfang
- Nikon D5600– 14.0 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
- Sony A6400– 13.6 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
- Canon EOS 200D– 13.4 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
- Panasonic Lumix DC-GX800– 13.3 Blendenstufen Dynamikumfang
- Canon EOS M100– 12.9 Blendenstufen Dynamikumfang – Link*
Fazit
Ich hoffe du hast ein paar Tipps mitgenommen um noch bessere Fotos zu machen. Also, schnapp dir deine Kamera und probiere die Tipps aus. Du wirst ĂĽberrascht sein, wie viel Unterschied ein gut genutzter Dynamikumfang fĂĽr deine Fotos machen kann!
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