Warum Colorkey Quatsch ist – und was du stattdessen machen solltest
Fotografie

Warum Colorkey Quatsch ist & was du stattdessen machen solltest

Kai

Du kennst Colorkey (auch Spot-Color oder Selective Color genannt) bestimmt. Das sind Bilder, bei denen alles schwarzweiß ist, außer ein farbiges Element. Wie auf diesem einen Bild, das es jahrelang in einem schwedischen Möbelhaus zu kaufen gab, mit einem roten Doppeldeckerbus. Das finde ich ultra kitschig und mich nervt, dass diese Bilder oft schlecht gemacht sind. Deshalb möchte ich dir heute zeigen, wie man den gleichen Effekt besser erzielen kann.

Was ist das Ziel von Colorkey?

Dafür gucken wir uns zunächst mal an, wie Colorkey eigentlich funktioniert. Colorkey-Fotos sind oft sehr prägnant. Das Busfoto ist dafür ein gutes Beispiel. Der Bus ist in einem sehr satten rot, der rest farblos bzw. schwarzweiß. Das sorgt für einen hohen Kontrast zwischen farbig und farblos. Und dieser extreme Kontrast ist es, der das Bild prägnant werden lässt. Rot ist sowieso schon eine Signalfarbe und dadurch, dass im Rest des Bildes keine Farbe zu sehen ist, wandert das Auge automatisch zum Bus. Colorkey funktioniert also erstmal.

Ich hab das Colourkey-Bild vom schwedischen Möbelhaus mal ähnlich nachgebaut.

Das Busbild ist nun noch relativ gut gemacht. Dort ist nämlich das Motiv, um das es inhaltlich geht, hervorgehoben. Oft sieht man aber Bilder, wo dieser Effekt völlig falsch oder schlecht eingesetzt wird. Da ist dann mal bei einem Portrait die Jacke grün oder die Augen strahlend blau und das Gesicht verschwindet im Monochromen, bei einem Babyfoto ist nur der Strampler bunt oder bei einem Architekturbild ist ein Stoppschild rot geblieben, das mit dem Gebäude nichts zu tun hat. Anders gesagt: Oft wird versucht ein schlecht komponiertes Bild mit einer Colorkey-Bearbeitung zu retten oder die Bearbeitung betont inhaltlich die falschen Elemente.

In Farbe ist es aber nur ein bisschen weniger prägnant.
Wenn man den Weißabgleich anpasst, sticht der Bus noch mehr hervor.

Es kommt also auf das Bild an, welches Motiv darin hervorgehoben werden soll. Das ist ja grundsätzlich immer das Ziel von Komposition: Die Aussage oder die Geschichte im Bildes unterstützen indem man den Blick auf das Motiv lenkt und durch das Bild führt.

Das geht aber auch mit anderen Mitteln: Farbe, Form, (Größen-)Gewichtung, Schärfe, Weißraum und so weiter. Prägnanz entsteht immer dann wenn der Kontrast zwischen Motiv und Rest des Bildes besonders groß ist. Und da ist je nach Motiv immer eine andere Kombination aus kompositorischen Stilmitteln notwendig. Aber es hilft in Kontrastpaaren zu denken.

Beispiele für bessere Lösungen

Livestyle-/Reportagefotos

Beim folgenden Bild von Marcus Philipp Sauer kann man einige Stilmittel für mehr Prägnanz erkennen:

  1. Das Auto ist rot, der Rest des Bildes ist hauptsächlich sehr farbarm. Selbst das Grün der Pflanzen im Blumenkasten über dem Auto ist sehr zurückgenommen. Das ist bestimmt in der Nachbearbeitung noch ein wenig optimiert worden, aber der Standort des Wagens ist ganz sicher nicht zufällig gewählt. Hier also der Kontrast farbig – farblos.
  2. Der Wagen ist durch das Sonnenlicht relativ hell im Vergleich zum dunklen Gebäude dahinter und zum Schatten in der unteren rechten Bildecke. Der Scheinwerfer ist im wahrsten Sinne des Wortes das Highlight und zieht den Blick auf sich. Hier also der Kontrast hell – dunkel.

Portraits im Studio

Studio-Portraits sind ein weiteres gutes Beispiel für hohe Prägnanz. Deshalb habe ich mir mal eins meiner letzten Studiofotos geschnappt, um dir zu zeigen, wie ich hier die Prägnanz erzeugt habe, die für ein Bewerbungsfoto wie dieses wichtig ist.

  1. Der einfarbige Hintergrund bietet einen guten Kontrast zum Gesicht. Durch die einfarbige Fläche fehlt im Gegensatz zum Auto-Bild oben der Kontext. Dadurch erhält man das Gefühl, dass die Person aus der Welt herausgenommen wurde. Das Fehlen eines Musters, einer Struktur oder eines bekannten Hintergrundes, wie z.B. Bäumen oder einer Backsteinwand – also eine Art Leere – hilft dem Betrachter sich auf das Gesicht zu konzentrieren. Hier also der Kontrast Mensch – Leere
  2. Dann habe ich noch mit Farbe gearbeitet. Der Hintergrund ist ganz leicht bläulich und das Hemd ist auch blau, also kühl. Die Haut hingegen ist im Vergleich warm. Damit haben wir nicht nur einen leichten Komplementärkontrast zwischen Gelb und Blau, sondern auch zwischen Warm und Kalt.
Studioportrait

Nun kann man darüber streiten, ob einfarbige Hintergrund langweilig sind, oder nicht. Fakt ist: sie funktionieren, wenn Prägnanz erwünscht ist.

Landschaftsfotos

Ein weiteres gutes Beispiel für Prägnanz – auch wenn es in zwischen selbst zum Klischee wurde – sind diese Bilder mit einem kleinen Menschen in meist gelber Jacke vor einem großen Wasserfall (oft in Island).

Diese Bilder funktionieren einfach richtig gut, besonders auf einer Plattform wie Instagram, wo Bilder Betrachter:innen in Sekundenbruchteilen packen müssen.

Folgende kompositorischen Stilmittel wurden hier verwendet:

  1. Größen-Kontrast – Die Gegenüberstellung des kleinen Menschen neben einem riesigen Wasserfall zeigt erst die enorme Größe, weil dein Gehirn die Größe eines Menschen einschätzen kann.
  2. Kalt-Warm-Kontrast – Auch hier wurde bei den Farben wieder mit dem Kalt-Warm-Kontrast gearbeitet. Sowohl die gelben, als auch die roten Jacken funktionieren dafür super. Die weißen und beigen Jacke sind hingegen nicht so prägnant.
  3. Bewegung-Stillstand-Kontrast – Das Wasser im Hintergrund bewegt sich

Fazit: Es gibt bessere Methoden als Colorkey für mehr Prägnanz

Hoffentlich konnten meine Beispiele dir zeigen, dass es bessere kompositorische Stilmittel gibt, als eine Colorkey-Nachbearbeitung. Es ist vielleicht ein wenig schwerer, sich schon vor dem Fotografieren ein Konzept zu überlegen, die Farben der Outfits darauf abzustimmen und eine Shooting-Location bewusst auszuwählen. Aber dieses bewusste Fotografieren führt unweigerlich zu besseren Fotos.

In einem weiteren Artikel werde ich in Kürze noch mehr Beispiele zeigen.

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