Nachdem das Kit-Objektiv meiner Olympus OM-D vor einiger Zeit kaputt ging, hatte ich mir erstmal das Olympus 17 mm F1.8 gekauft. Den Testbericht gibt es hier. Das leichte Weitwinkel – die 17mm Brennweite ensprechen im Kleinbildformat etwa 34 mm – finde immer noch super. Da die OM-D aber meine Jackentaschen-Kamera ist, und ich sie auch gern beim Fahrrad fahren in die Trikottasche stecke, wollte ich mal schauen, ob es im Micro Four Thirds-System (MFT) ein noch kleineres Objektiv mit ähnlicher Brennweite gibt. Dabei bin ich auf das Panasonic Lumix 20 mm F1.7 gestoßen, dass ich dir heute hier vorstellen möchte.
Konzept & Ausstattung
Das Panasonic 20mm F1.7* ist ein sogenanntes Pancake-Objektiv. Das bedeutet, dass es äußerst kompakt gebaut ist. An die Kamera angeschlossen ragt das Objektiv gerade mal 15 Millimeter aus dem Gehäuse heraus. Bei meiner älteren, grauen Version ist das Gehäuse aus Kunststoff, die neuere schwarze Version ist aber aus Metall gefertigt. Das Bajonett ist bei beiden Versionen aus Metall. Mein Exemplar wiegt ohne Kappen exakt 100g, was nur unwesentlich leichter ist als das Olympus 17mm F1.8 mit 115g.
Die Brennweite entspricht bei einer Vollformat-Kamera etwa 40 mm und liegt damit genau zwischen zwei meiner meistgenutzten Festbrennweiten, 35 mm und 50 mm.
Die Ausstattung ist der Größe geschuldet etwas mager. Es gibt lediglich einen Fokusring, der elektronisch per Focus-by-wire arbeitet. Das bedeutet, dass der Fokusring ein Steuersignal an den Autofokusmotor sendet und daher auch, dass er sich endlos in beide Richtungen drehen lässt. Es gibt aber keine Anschläge und auch keine Fokus-Skala. Man merkt also nicht, dass man am Ende des Fokusbereichs angekommen ist. Ein Schalter um zwischen manuellem und Autofokus (AF) zu wechseln fehlt ebenso.
Beim Fokussieren fährt der innere Teil des Objektivs bis zu ca. 3 Millimeter aus dem Gehäuse, was den Einsatz beispielsweise eines Polfilters etwas erschwert. Die Naheinstellgrenze ist mit 20 Zentimetern recht gering und ermöglicht spannende Perspektiven.
Handling, Verarbeitung und Autofokus
Die Verarbeitungsqualität ist trotz des verwendeten Kunststoffs gut. Das Objektiv wirkt angesichts des geringen Gewichts und Preises wertig.
Der Autofokus ist nicht gerade die Stärke des 20 mm. Er ist vergleichsweise laut, relativ langsam und hat ab und zu Probleme den richtigen Fokus zu finden. Sport oder tobende Kinder sind damit schwierig zu fotografieren. Für Landschaften, normale Portraits oder im Urlaub ist die AF-Geschwindigkeit aber ausreichend. Für meine Anwendung als Trikottaschen-Kamera für Landschaftsfotos beim Rad fahren ist das meist gut genug.
Der langsame Autofokus wäre aber noch viel leichter erträglich, wenn es eine vernünftige Möglichkeit gäbe manuell zu fokussieren. Der Dreh-Weg ist mit fast einer ganzen Umdrehung absurd lang. Prinzipiell ist ein längerer Fokusweg besonders im Videobereich ganz gut, die fehlenden Anschläge und die nicht vorhandene Fokusskala erschweren einem aber einfach die Arbeit. Dazu kommt, dass das Objektiv beim Ausschalten der Kamera die Position nicht „speichert“, sondern den inneren Teil wieder ins Objektivgehäuse fährt.
Portraits lassen sich mit dem Panasonic 20mm gut machen. Der etwas weitere Bildwinkel lädt dazu ein den Kontext um die Person mit ins Bild zu nehmen. Allerdings nicht ganz so viel wie beim 17mm (35mm KB). Dennoch muss man nah ran um ein Gesicht formatfüllend zu fotografieren.
Für Videografen noch wichtig: Focus Breathing ist fast kein Thema. Solange also der Autofokus beim Drehen benutzt wird, und der Ton mit einem externen Mikrofon aufgenommen wird, ist das Objektiv sehr gut geeignet.
Bildqualität
Als ich die mit dem 20mm aufgenommen Bilder zum ersten Mal am Rechner ansah, war ich erstmal erstaunt, was mit einem Objektiv dieser Preisklasse und Größe machbar ist. Das hatte ich gar nicht erwartet.
Bokeh
Die Unschärfe im Vordergrund finde ich sehr angenehm. Und zwar nicht nur bei komplett geöffneter Blende (F1.7), sondern auch bei etwa Blende 4.0 verschwimmt der Vordergrund noch schön in Unschärfe. Besonders, wenn man sehr nah herangeht. Nah herangehen muss man sowieso im MFT-Format. Der kleine Sensor erschwert die Freistellung bauartbedingt. So entspricht die Blende – was die Schärfentiefe angeht – im Kleinbild etwa F3.4. Dadurch ist logischerweise auch das Bokeh im Hintergrund weniger ruhig als bei einer Vollformatkamera.
Aber: Die geringe Schärfentiefe in Kombination mit geringer Nahdistanz prädestiniert das MFT-Format geradezu für ein bestimmtes Genre: Lego-Fotos. Mit einer Vollformatkamera ist es teilweise schwer alles in die Schärfeebene zu bekommen. Da ist eine Kamera mit kleinerem Sensor im Vorteil. Zumal sich bei so einer Lego-Szene meist nichts bewegt und mit künstlichem Licht und Stativ gearbeitet werden kann.
Ein paar chromatische Aberrationen schleichen sich beim Panasonic 20mm ab und zu in die Bildecken. Allerdings lassen die sich in Lightroom leicht mit zwei Klicks entfernen.
Vignettierung
Die Vignettierung wird – wie bei meiner OM-D üblich – schon in der Kamera größtenteils herausgerechnet. Die Korrekturen sind im Objektivprofil in der RAW-Datei hinterlegt und tauchen in Lightroom daher gar nicht erst auf.
Schärfe
Die große Stärke des 20 mm ist die Schärfe der Bilder. Selbst bei Offenblende ist die Auflösung beachtlich. Der Peak ist etwa bei F4.5 bis F5 und lässt auch am Rand kaum nach. Insbesondere in diesem Preissegment ist das wirklich herausragend! In Kombination mit der geringen Naheinstellgrenze bieten sich spannende Möglichkeiten.
Flares & Sonnensterne
Sonnensterne konnte ich selbst bei F16 mit Sonnenlicht kaum erzeugen. Ich habe es dann noch einmal mit einer LED-Lampe erzwungen. Das halte ich aber für nicht allzu aussagekräftig, weil die Lichtquelle hier sehr isoliert in einem dunklen Raum stand und man bei solchen Bedingungen wohl eher selten mit Blende 16 fotografiert. Laborbedingungen sozusagen.
In diesem Laborbild sind die Flares sehr stark zu sehen. In der Realität sind sie mir aber kaum negativ aufgefallen. Positiv aber auch nicht. Ich würde sie als unauffällig bezeichnen.
Alternativen
Alternativen mit der gleichen Brennweite wären aktuell das deutlich teurere Samyang 20mm 1.8* mit manuellem Fokus und das Zhongyi Mitakon Creator 20mm 2.0*.
Wenn man von der Brennweite in Richtung Normalbrennweite oder Weitwinkel abweicht, bieten sich noch mehr Möglichkeiten. Zum einen das bereits erwähnte 17mm F1.7 von Olympus, das 16mm 1.4 von Sigma*, welches allerdings bei weitem nicht so kompakt ist, das Panasonic 25mm 1.7 und 7artisans 25mm F1.8*, die preislich ebenfalls sehr attraktiv sind.
Fazit
Wer keinen schnellen Autofokus benötigt und ein kleines und sehr leichtes Objektiv möchte, das mit dem Bildwinkel zwischen Weitwinkel und Normalbrennweite liegt, ist mit dem Panasonic Lumix 20mm F1.7 gut bedient. Es macht sich sehr gut als „Immerdrauf“ an der Jackentaschenkamera. Auch für Landschafts- und Architektur-Fotos eignet es sich perfekt. Bei schnellen Bewegungen ist es hingegen leicht überfordert.
- Brennweite: 20 mm (KB: 40 mm)
- Sehr Lichtstark: F1.7
- Ultrakompaktes Pancake Objektiv mit hochwertiger Metallic-Oberfläche & Metall-Bajonettanschluss
Weitere Bilder
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Schönes Review für diese kleine große Linse. Ich mag sie ja auch sehr gern und ihr bevorzugtes Revier ist an der Panasonic Lumix GM-1 auf kleinen Foto-walks in der Stadt. Aber auch außerhalb macht sie eine gute Figur. Und bei dem Preis muss man sie schon fast besitzen wenn man im MFT-Lager unterwegs ist. Schön, dass sie auch woanders noch Beachtung findet.
Grüße aus Augsburg, Andreas
Moin Andreas, vielen Dank! Ja der Preis ist wirklich attraktiv!
Grüße zurück!
Ein sehr schöner Bericht eines ehrwürdigen MFT Objektivs. Ich hatte vor einigen Jahren die Variante II in Schwarz und war sehr glücklich damit. Ich meine aber, dass das Gehäuse aus Polycarbonat war. Tatsächlich steige ich wieder in das MFT System gerade wieder ein. Dein Test lässt mich überlegen, ob das 20mm II wieder angeschafft werden sollte, dann schau ich nochmal genauer hin.
Moin Dirk, vielen Dank! Und viel Freude beim Fotografieren!