»Was für ein Biest!« Das war mein erster Eindruck, nachdem ich die Nikon Z9 das erste Mal aus der Tasche nahm und ein paar Testfotos am Schreibtisch machte. Und zwar nur im guten Sinne. Doch dazu später mehr, zuerst möchte ich dir die wichtigsten Features der Z9 einmal vorstellen.
Transparenzhinweis: Die Kamera konnte ich im Rahmen einer Werbe-Videoproduktion für meinen Kunden Probis für eine gute Woche kostenlos testen. Das entstandene Video könnt ihr hier bei Youtube ansehen.
Konzept & Ausstattung
Die Z9 ist Nikons neues spiegelloses Profi-Flaggschiff, das auf den harten Alltag im Presse-, Event-, Sport- und Wildlife-Bereich ausgelegt ist. Kurzum: für alles wo es um schnelle Bewegungen bei wenig Licht und absolute Zuverlässigkeit geht.
Dementsprechend ist sie auch ausgestattet: Integrierter Hochformat-Griff mit solider Akku-Verriegelung, Magnesiumgehäuse, komplett Wetterfest abgedichtet, beleuchteten Tasten, zwei CFExpress Typ B-Slots für Backups (abwärtskompatibel zu XQD), robuster Schutzvorhang für den Sensor und integriertes GPS/Glonass. Schön auch: Der Body der Z9 ist 20% kleiner und 9% leichter als das Gehäuse der D6.
Der Sensor hat mit 45,7 Megapixel die gleiche Auflösung wie die Z7 II. Allerdings nutzt die Z9 jetzt ein Stacked-CMOS-Design, welches die Auslesezeit drastisch reduziert. Nikon war so überzeugt davon, dass der mechanische Verschluss gleich ganz weggelassen wurde. Das bedeutet auch, dass es kein Auslösegeräusch mehr gibt. Für ein akustisches Feedback stehen dennoch in der Lautstärke regelbare Sounds zur verfügung.
Eine Neuerung im Gegensatz zur Z7 II und Z6II ist außerdem die größere Auswahl bei den RAW-Kompressionsstufen. Neben der Lossless-Komprimierung stehen nun zusätzlich noch „HE STERN“ und „HE“ zur Verfügung. Bei HE STERN wird die Dateigröße auf die Hälfte reduziert, bei HE auf ein Drittel. Die Qualitätseinbußen sollen recht gering und besonders in den Schatten bei Bildern mit hohem Dynamikumfang sichtbar sein.
Für den vorgesehenen Einsatzzweck der Z9 ist auch eine schnelle Serienbildfunktion nötig. Hier bietet sie 20 komprimierte Raw-Bilder pro Sekunde für bis zu 1000 Auslösungen an oder alternativ 30 B/s im JPEG-Format. Wem 11 Megapixel-JPEGs ausreichen kann sogar mit 120 B/s fotografieren. Diese 11 Megapixel sind etwas mehr als 4K-Auflösung, allerdings wird hier im Gegensatz zum 16:9-Format im Videobereich der gesamte 3:2-Sensor ausgelesen.
Video
Daher verwundert es auch nicht, dass die Z9 auch im Videobereich 120fps bei 4K anbietet. Mit dem Firmware-Update 2.0 sind aber sogar 8,3K/60p 12-Bit N-RAW oder ProRes RAW mit bis zu 4.1k/60p möglich – bei interner Aufzeichnung! Das heißt für die höchste Qualität wird kein externer Recorder benötigt. Möglicherweise ist das nicht mehr lange verfügbar, weil Nikon von RED verklagt wird. Also schnell auch provisorisch das Firmware-Update herunterladen, auch wenn du die Kamera noch nicht gekauft hast. Auch 4K/60p mit Oversampling von 8K und ein Super35/DX-Modus sind möglich.
Dass Nikon es mit den Video-Features für Hybrid-Fotografen ernst meint kann man auch daran sehen, dass erstmals ein Fullsize-HDMI-Port, eine Log-Funktion, eine Waveform-Anzeige(mit Firmware 2.0) und ein komplettes IBIS-System enthalten sind. Letzteres funktioniert im Gegensatz zur Z7 II und Z6 II jetzt in Kombination mit der Stabilisierung im Objektiv. Hier hat Nikon zu Canon, Sony und Olympus nachgezogen. Ob das reichen wird um Videograf:innen von Sony, Canon, RED, Panasonic, Kinefinity oder Blackmagic (zurück-)zugewinnen muss sich zeigen. Videoobjektive werden zum Beispiel größtenteils mit PL-, EF- oder E-Mount angeboten. Reine Videokamerahersteller wie RED und Blackmagic nutzen eher Sonys E-Mount, Canons EF- und RF-Anschlüsse oder bieten gleich den für die schweren Cine-Optiken besser geeigneten PL-Mount von Arri an. Allerdings ist es mit einer passenden Objektiv-Adapter-Kombi selbstverständlich auch möglich das Z-Bajonett zu nutzen.
Ein Kritikpunkt der bisherigen Spiegellosen und DSLR-Kameras war die vergleichsweise langsame Auslesezeit des Sensors, die zu einem Rolling Shutter-Effekt führte. Durch den stacked CMOS-Sensor in der Z9 (wie auch bei der EOS R3 und der Sony A1) ist die Auslesezeit aber jetzt in einem Bereich angekommen, in dem die Kameras mit Videokameras mithalten können.
Video Modus | Rolling shutter |
---|---|
8K/30p/24p | ~14.3 ms |
4K/30p/24p oversampled (von 8K) | ~14.3 ms |
4K/120/60 subsampled | ~4.8 ms |
Zum Vergleich: Die Arri Alexa LF (aktuell knapp € 70.000), die für eine Videokamera einen eher großen Vollformatsensor hat, liest bei nativer 4.5K-Auflösung mit 7,4 ms aus, die Sony A7S III in 8.7 ms.
Im Foto-Modus ist die Z9 sogar noch schneller. Dort habe ich in eine Test eine Auslesezeit von 3.7 ms gesehen.
Die Videoqualität konnte ich leider nicht testen, weil ich die Kamera nur für ein paar Tage hier hatte. Daher habe ich mich auf die Fotografie konzentriert.
Meine Erfahrungen
Zum Testen war ich wie beim Leica Q2 Monochrom-Test wieder in Bremerhaven unterwegs. Zusätzlich habe ich noch einen Gottesdienst in meiner Gemeinde fotografiert, um die AF- und Lowlight-Fähigkeiten bei einer Veranstaltung zu testen.
Bildqualität
Als Objektiv hatte ich für den Test das vergleichsweise günstige Nikkor Z 28-75mm F2.8*. Dessen Brennweitenbereich gefällt mir ganz gut. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass die hohe Auflösung der Z9 damit nicht 100%ig genutzt wird. Wenn Du dich ernsthaft für diese Kamera interessierst, hast du aber vermutlich schon einige gute Objektive, die nochmal ein Plus an Bildqualität bieten könnten.
Die Farben sind direkt aus der Kamera sicherlich ein wenig anders, als ich es von meinen Canon-Kameras gewohnt bin. Allerdings bieten die RAW-Dateien eine sehr gute Arbeitsgrundlage um damit alles zu kreieren, was benötigt wird. Das gilt auch für die Auflösung und den Dynamikumfang. Es gibt wohl kaum etwas, das diese Kamera nicht fotografieren könnte. Mir ist bei meinen Tests in Sachen Bildqualität absolut gar nichts negativ aufgefallen.
Autofokus
Der Autofokus ist mir hingegen schon aufgefallen – und zwar positiv! Die Z9 ist die erste spiegellose Kamera, die das von Nikon entwickelte 3D-Tracking-System verbaut hat. Bekannt ist das vor allem aus den großen DSLRS seit der D3.
Ich habe das 3D-Tracking in Kombination mit der Back-Button-Fokus Technik und AF-C (kontinuierlicher AF) eingesetzt und das hat wunderbar funktioniert. Besonders zusammen mit der Motiverkennung. Sobald ein Gesicht im Fokusfeld auftaucht und man es dann mit dem Druck auf den AF-ON-Button fokussiert klebt der Punkt sofort wahlweise auf dem Auge, dem Kopf oder dem Körper. Je nachdem wie die Person sich gerade bewegt. Es ist echt beeindruckend, wie schnell und gut der AF ist! Auch wild tobende Kinder sind absolut kein Problem.
Schön ist auch, dass nicht wie bei anderen Herstellern vor dem Fotografieren ausgewählt werden muss, welche Motiverkennung verwendet werden soll (Tiere, Menschen oder Fahrzeuge). Nikon hat dafür eine Automatik verbaut.
Handling
Für mich persönlich habe ich wieder einmal festgestellt, dass ich den Hochformatgriff einfach nicht benötige. Für meine 5D Mk 1 hatte ich früher einen und habe ihn damals auch oft genutzt. Irgendwann habe ich ihn mal weggelassen und nichts vermisst. Insbesondere das geringere Gewicht fand ich angenehmer. Das muss man bei einem solchen größeren Body mit in Kauf nehmen.
Mit dem Klappdisplay, das dem der Fuji GFX-Serie ähnelt, bin ich persönlich nicht zufrieden. Da finde ich das Canon-System mit dem zur Seite herausklappbaren Bildschirm deutlich einfacher. Sich selbst zu filmen ist damit unmöglich, da es nicht nach vorne geklappt werden kann. Allerdings ist hier die Frage ob das bei dieser Art von Kamera notwendig ist. Wer das Budget für die Z9 hat, dürfte sich auch einen externen Monitor dazu holen können. Allerdings ist das auch wieder ein Gerät mehr, das geschleppt und für das man Akkus laden muss.
Auf dem Stativ funktioniert das Klappdisplay recht gut, sowohl im Hoch-, wie auch im Querformat. Wenn man die Kamera über dem Kopf hält ist man etwas eingeschränkt, da das Display dann nur maximal 45° herausklappbar ist.
Am Hochformat-Griff hat mich gestört, dass ich mit meinen sehr großen Händen oft unabsichtlich im Querformat den Auslöser gedrückt habe. Zwar lässt der sich mit einem Drehschalter sperren, das ist aber beim Fotografieren ein unnötiges Hindernis. Ob das für dich auch ein Problem ist, musst du aber natürlich einmal selbst ausprobieren. Ansonsten ist ergonomisch gesehen alles an seinem Platz, alle Buttons, Einstelräder und Joysticks sind gut erreichbar. Selbst von Canon kommend fühlt sich die Z9 sehr gewohnt an.
Ein schönes Detail noch zur Serienbildfunktion: Es lassen sich auch Bursts einstellen, also kurze »Salven« mit z.B. 10 Bildern. Das ist hilfreich um bei schnellen Serienbildern Speicherplatz zu sparen und den Buffer zu schonen.
Alternativen zur Nikon Z9
Die naheliegenden Konkurrenten zur Z9 sind die Canon R3 und die Sony A1. Die Canon hat dabei mit 24 Megapixeln deutlich weniger Auflösusung zu bieten, aber das bessere IBIS-System. Die Sony A1 bietet mit 50,1 Megapixeln noch etwas mehr Auflösung und einen besseren Sucher. Preislich liegen Z9 und R3 gleichauf (aktuell € 5999), die A1 ist deutlich teurer (€ 7299), besonders wenn man den optionalen Hochformatgriff VG-C4EM (€ 329) noch mit dazurechnet. DPReview hat eine ganz gute Übersicht der verschiedenen Features.
Die stärkste Konkurrenz kommt mit der Z8* aber vermutlich eher aus dem Hause Nikon selbst. Dem kleineren Schwestermodell der Z9 fehlt der eingebaute Hochformatgriff, das GPS-Modul und etwas Akku-Leistung. Dafür ist sie etwas leichter und natürlich kleiner.
Dann gibt es da noch die Nikon Z6 II und Z7 II. Die beiden können technisch nicht ganz mithalten, sind aber ebenfalls kleiner, leichter und günstiger. Und sie dürften für die meisten Jobs immer noch gut genug sein. Für alle, die auf einen Spiegel nicht verzichten möchten, gibt es noch die Nikon D6, welche ein ähnliches Handling wie die Z9 bietet aber aktuell € 1000 teurer ist.
Fazit
Wer sowohl hohe Foto-Auflösung, Top-Video-Features, einen Top-Autofokus und dazu noch den Hochformatgriff benötigt, findet in der Z9 die perfekte eierlegende-Wolllmilchsau. Insbesondere der Autofokus begeistert, die vielen kleinen Details sind für viele hart arbeitende Profis essenziell.
Kameras dieser Art werden gerne als »Boliden« bezeichnet. Und das passt ganz gut zur Z9: Sie fühlt sich an wie ein moderner Sportwagen. Zwar kommt es immer noch auf das Können des Fahrenden an, um schnell die besten Ergebnisse herauszuholen, aber die kleinen automatischen Helferchen machen die Fahrt deutlich sicherer und schneller. Beim Fotografieren hat man jederzeit das Gefühl alles im Griff zu haben und die Z9 reagiert extrem spritzig.
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